Der menschliche Darm beherbergt über 1000 verschiedene Bakterienarten in seiner Darmflora. Er ist wesentlich an Funktionen des Stoffwechsels und des Immunsystems beteiligt und wird von allen Umweltfaktoren beeinflusst (z.B. Stress, Ernährung, Gifte in der Luft, im Wasser, in der Nahrung)
Den größten Anteil an den Bakterien-Stämmen haben die sogenannten Bacteroidetes und Firmicutes mit ca. 75 bis 95 % aller Bakterien.
Zahlreiche Studien geben deutliche Hinweise auf Zusammenhänge zwischen dem Stoffwechsel von Darmbakterien und der Physiologie des Menschen.
Hauptaufgaben der Bakterien
Verdauung und Aufspaltung von Nahrung, damit die Nahrungsbestandteile in den Körper aufgenommen werden können
Bildung von Energieträgern für die Darmflora (kurzkettige Fettsäuren) und von Vitaminen
Neben diesen guten Eigenschaften haben Bakterien in ungünstigen Darmfloraverhältnissen auch negative Wirkungen.
Entstehung von Krankheitsbildern bei Darmflorastörungen:
Reizdarmsyndrom, Darmfloradurchlässigkeit (Leaky Gut), Nahrungsmittelunverträglichkeit und Histamin-Unverträglichkeit (bzw. Histamin-Intoleranz)
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen und mögliche Aktivierung von krebserregenden Stoffen aus Nahrungsbestandteilen
Immunologische Vorgänge bei Autoimmunerkrankungen
Störung der neurologischen Funktionen und Verhaltensmuster
Bevorteilung giftiger Bakterien nach einer Antibiotikatherapie (z.B. Clostridien)
belastende Stoffwechselvorgänge bei Fettsucht, Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), Fettstoffwechselstörungen, Leberfunktionsstörungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
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Die wichtigsten Bakterienstämme
Im Gegensatz zu menschlichen Genen, die zu fast 100% identisch sind, weisen die Darmbakterien deutliche genetische Unterschiede auf. Als Diversität wird die Vielfalt der genetisch unterschiedlichen Bakterienstämme bezeichnet, die in der Darmflora vorkommen. Normalerweise besitzt die Darmflora eine hohe Diversität, also eine hohe Anzahl von unterschiedlichen Bakterienstämmen. Bei einer niedrigen Diversität wird der Mensch sehr anfällig für verschiedene Erkrankungen, wie Reizdarm-Syndrom, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und Infektionen.
Die wichtigste Ursache für eine verminderte Vielfalt ist die Anwendung von bestimmten Antibiotika. Breitspektrum-Antibiotika haben z.B. einen direkten Einfluss auf die Minderung der Diversität.
Die 2 bekanntesten und bislang wichtigsten Vertreter der schleimhautschützenden Darm-Flora sind Akkermansia muciniphila und Faecalibacterium prausnitzii. Eine ballaststoffreiche Ernährung, Präbiotika mit Inulin und spezielle Probiotika können zur Erhöhung der schleimhautschützenden Darmbakterien beitragen.
Akkermansia muciniphila ist ein Bakterium, das unter anderem durch seine Stoffwechselprodukte zur Erhaltung des Faecalibacterium prausnitzii wesentlich beiträgt. Durch aktuelle Studien konnte ein positiver Einfluss des Bakteriums auf verschiedene Gesundheitsfaktoren nachgewiesen werden. Zusätzlich konnte in Studien eine antientzündliche Wirkung und ein positiver Einfluss des Akkermansia muciniphila auf die Erhaltung einer intakten Darmbarriere nachgewiesen werden.
Faecalibacteriumprausnitzii gehört zum Stamm der Firmicutes. Das Bakterium gehört zu den drei häufigsten Bakterien der Darmflora. In verschiedenen Studien konnten bedeutende Wirkungen des Bakteriums auf Zellen des Immunsystems nachgewiesen werden. Außerdem ist bekannt, dass durch die Produktion von Buttersäure entzündliche Vorgänge im Darm erheblich vermindert werden. Faecalibacterium prausnitzii gehört nachweislich zu den größten buttersäurebildenden Bakterien im Dickdarm. Insgesamt hat Faecalibacterium prausnitzii einen günstigen Einfluss auf entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa und unterstützt ein niedriges Körpergewicht mit niedrigem Fettanteil. Bei Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen, Reizdarmsyndrom und Zöliakie (bzw. Sprue) wurden daher Verminderungen der Bakterienzahl von Faecalibacterium prausnitzii nachgewiesen.
Durch viele aktuelle Studien konnte außerdem ein positiver Zusammenhang von hohen Bakterienzahlen der Akkermansia muciniphila und folgenden Zuständen gezeigt werden:
In verschiedenen Studien konnten folgende immunologische Wirkungen von F. prausnitzii nachgewiesen werden:
Hemmung des Transkriptionsfaktors NF-KB Hemmung des proinflammatorischen Interleukins 8 (IL-8) Produktion von Buttersäure, die zusätzlich den Faktor NF-KB hemmt Differenzierung der regulatorischen T-Zellen dadurch Erhöhung des antiinflammatorischen Interleukins 10 (IL-10) Reduktion des proinflammatorischen Interleukins 12 (IL-12)
Buttersäure (Butyrat-) bildende Bakterien sind vor allem Faecalibacterium prausnitzii, Eubacterium spp., Roseburia spp., Ruminococcus spp. und Butyrivibrio crossotus.
Solche Bakterien vermindern Entzündungsvorgänge im Darm durch Förderung der Bildung regulatorischer T-Zellen und durch Hemmung der Bildung entzündungsfördernder Zytokine von Makrophagen und dendritischen Zellen. Buttersäure erhöht außerdem den Sauerstoffverbrauch der Dickdarmzellen und verstärkt das Phänomen der "normalen Sauerstoffverminderung" der Darmschleimhaut, das zur Unterstützung der Darm-Barrierefunktion beiträgt. Auch bei Krebszellen hat es einen günstigen Einfluss. Eine Verminderung der Buttersäure (Butyrat-)bildenden Bakterien kann entzündliche Prozesse begünstigen, die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut erhöhen (Leaky-Gut) und entzündliche Erkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), Reizdarmsyndrom, Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Zöliakie fördern.
Schleimabbauende Bakterien sind vor allem Akkermansia muciniphila und Prevotella-Spezies. Solche Bakterien können Schleim (Mucin) abbauen und sind wesentlich für die Erneuerung der physiologischen Schleimschicht. Dadurch unterstützen sie die Erhaltung einer intakten Darmbarriere durch Buttersäure-(butyrat) bildende Bakterien, wie das Faecalibacterium prausnitzii.
Sulfatreduzierende Bakterien wie Desulfovibrio spp., Desulfomonas spp. und Desulfobacter spp., sind anaerobe Bakterien, die Energie durch Sulfatreduktion erhalten und hohe Mengen von Sulfiden bilden. Das Stoffwechsel-Endprodukt der Bakterien ist Schwefelwasserstoff, das zytotoxische Eigenschaften besitzt. Schwefelwasserstoff kann eine Hemmung der Butyratoxidation bewirken, die essentiell für die Energieversorgung der Dickdarmzellen ist. Eine Vermehrung der sulfatreduzierenden Bakterien kann eine chronische Entzündung des Darmepithels nach sich ziehen.
Methanbroduzierende Bakterien wie Methanobrevibacter spp. und Methanobacterium spp. gehören zur Domäne der Archaea. Sie sind dadurch charakterisiert, dass sie bakterielle primäre und sekundäre Fermentationsprodukte, wie Wasserstoff und Kohlendioxid, in Methan umwandeln können. Dadurch spielen sie eine große Rolle für die Optimierung der Energiebilanz. Darüber hinaus hat Methan eine hemmende Wirkung auf die intestinale Motilität, was zur Verstärkung einer chronischen Obstipation führen kann. Diese Bakterien können auch dendritische Zellen der Darmschleimhaut aktivieren und die Bildung von TNF-alpha und anderen pro-inflammatorischen Zytokinen induzieren.
Saccharolytische Bakterien im Darm sind für die Spaltung von komplexen Poly- und Oligosacchariden wie z.B. resistenter Stärke verantwortlich. Die bei der Spaltung entstehende Milchsäure dient anderen Bakterien wie Ruminococcus bromii oder Faecalibacterium prausnitzii als Grundlage für die Herstellung von Buttersäure. Eine Schlüsselrolle spielt dabei Bifidobacterium adolescentis, was in einer Studie mit gesunden Probanden untersucht wurde.
LPS-Keime sind gramnegative Keime, die in der Zellhülle Lipopolysaccharide (LPS) als sogenanntes Endotoxin führen und nach Eindringen in die Darmschleimhaut bei einem Leaky-Gut entzündliche Prozesse aktivieren können. Die Aktivierung des Immunsystems kann als Konsequenz eine niedrig gradige chronische Entzündung ("silent Inflammation") zur Folge haben.